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Superbrevet Paris-Brest-Paris 2023

Superbrevet Paris-Brest-Paris 2023

„Bois, avant avoir soif! Mange, avant avoir faim! …

„Sorgt dafür, dass man euch nachts sieht! Trinkt, bevor ihr Durst bekommt! Esst, bevor ihr Hunger kriegt!“ Mit diesen letzten Startworten machten sich unsere schleswig-holsteinischen Radsportler am 20.08.2023 an die Mega-Prüfung „Paris-Brest-Paris“.

„Cinq, quatre, trois, deux, un...“ und los ging es. Ob nun in der 80h, 84h oder 90 Stunden Startgruppe – das Höhenprofil von 10.000 Höhenmeter war neben der Streckenlänge von gut 1230 Kilometer das Herausforderndste bei diesem ultra-langen Radmarathon. Das ständige Auf und Ab der Colline (franz. Hügel) sorgten gleich vom Start weg für eine selektive Gruppenverteilung und viele Solofahrten. Eine Flachetappe gab es nicht.  

Bei dem sommerlichen Wetter konnte man auf Regensachen verzichten und mit leichtem Gepäck reisen. Alle 80 -90 Kilometer gab es eine Kontroll- und Verpflegungsstation. Dort wurde elektronisch mit Hilfe eines Transponders die Durchfahrzeit Sekunden genau erfasst und dadurch war ein Tracking der Teilnehmer möglich. Zusätzlich wurde das persönliche Fahrtenbuch traditionell abgestempelt. An allen Depots gab es eine Grundversorgung an Verpflegung, an den meisten auch 1.Hilfe, Duschen und Schlafmöglichkeiten, und sogar einen Massageservice.  Auch technischer Support für sein defektes Bikes gab es.

Trotz angebotenem Track, in den verschiedensten Varianten, gab es nach wie vor traditionell die komplette Ausschilderung, nach BREST und nach Paris. Nachts mit reflektierenden Pfeilen. Für alle Souvenirjäger gab es vorab bei der Anmeldung ein Doppelschild Paris/Brest, und trotzdem hatte man gelegentlich das Gefühl da fehlt das eine oder andere Schild an dieser oder jener Stelle.

Der Nachthimmel in der Bretagne bot einen beeindruckenden Sternenhimmel mit gut erkennbaren Sternbildern. Eine sture Weiterfahrt und Konzentration auf die dunkle Straße fiel schwer. Warum also nicht, sich für 10 Minuten aufs Feld legen und entspannt nach oben schauen. Gesagt getan. Wahnsinnig schön.

Halbzeit oder Alles klar zur Wende

Vor Brest, der Küstenstadt am Atlantik, fuhr man erstmal kilometerlang auf ein Hochplateau. Dann hinab nach Brest. Nach einer „Stadtrundfahrt“ ging es stetig bergan zum Wendepunkt von PBP. Nicht nur kräftezehrend, sondern gleichzeitig zeitraubend. Wer hier nicht nach 40 Stunden war, hatte es verdammt schwer im 90h Zeitfenster die Rücktour zu schaffen.

Die Stimmung an der Strecke bei den Anwohnern war wiedermal unbeschreiblich, die dargebotene Gastfreundschaft, diese Herzlichkeit unglaublich – Gänsehautfeeling pur. Viel zu schade um nur sein Tacho, seinen Durchschnitt im Blick zu haben. Der Mythos von PBP lebt mit und von den Franzosen an der Strecke und von den Teilnehmern. 

In den Morgen und Abendstunden kontrollierten Mashalls auf Motorrädern das Tragen der gelben Sicherheitswesten und das angeschaltete Licht am Rad. Entsprechende Verstöße konnten und wurden in das Fahrtenbuch des Teilnehmers notiert und mit Zeitstrafen versehen, bis hin zum Ausschluss.

Es gab jeweils eine Geheimkontrolle auf dem Hin- und Rückweg. Die Streckenführung wurde dieses Jahr soweit optimiert, das es so gut wie keinen „Gegenverkehr“ gab. Gefühlt hatte man 70% der Strecke den bekannten französischen Asphalt unter seinen Rädern – grobporig, löchrig, unruhig, klebend – nervenzehrend.

Dank des Fotoservice des Veranstalters gab es auf der gesamten Route an einigen markanten Wegpunkten bildtechnische Erinnerungsstücke. Bitte lächeln.

Der Schlafmangel wurde zum größten Problem.  Konzentrationsprobleme, Orientierungslosigkeit und Leistungsabfall sind die Folgen. Wer in den Kontrollen nicht schlafen konnte oder wollte, fand entweder spontan an der Stecke eine Möglichkeit oder nahm die 1.Hilfedecke aus dem Auto und lag eingewickelt direkt am Wegesrand, in Bushaltestellen oder auf Bänken. Viele entschieden sich für ein maximal 20minütiges Powernapping.

Auch wenn man gut trainiert und vorbereitet ist, die Ausrüstung, das Equipment stimmt und die Radtrikotagen hochwertig sind, früher oder später kommen sie - die Schmerzen. Vor allem die Kontaktflächen zwischen Fahrrad und Mensch werden bei solchen (Tor)Touren schon stark beansprucht und bedürfen regelmäßiger Pflege. Haltungs- und Stützmuskulatur sollten im Vorfeld mit trainiert worden sein. Gerade die oberen Stoßdämpfer, die Oberarme werden, auch wegen dem Straßenbelag, permanent beansprucht. Gefürchtet bei allen Langstreckenfahrer ist der sogenannte Shermer´s Neck, eine Verkrampfung, Überbeanspruchung der Nackenmuskulatur.

Und was ist nun das Tolle an einer solchen extremen Marathonstrecke?

Bei entsprechendem Training, Planung und intensiver Vorbereitung kann man dieses Event ruhig angehen lassen und genießen. Man kann die Gegend genießen, die Stimmung, das Flair. Die Bretagne ist verkehrsarm und hat schöne Gegenden.  Schön ist aber auch, wenn man in den Flow kommt. Wenn man merkt, wozu die vielen Trainingskilometer bei den QualiBrevets  bei Wind und Wetter gut waren. Schön ist es auch wenn man merkt, dass nach jedem körperlichen Tief wieder ein Hoch kommt und die Beine auch nach 1000 Kilometer noch kurbeln wollen.

Natürlich gab es auch dieses Jahr einige Unfälle bei PBP. Soweit aber bekannt wurde, sind alle unsere Randonneure heil und gesund ins Ziel gerollt.  Die einen etwas schneller, die anderen etwas später. Wobei, die vordergründige Frage sollte nicht sein: Wie schnell warst du? Sondern vielmehr: Hat es dir Spaß gemacht? Der Mythos ParisBrestParis lebt vom Mitmachen, dabei sein. Und? Bist du 2027 wieder am Start?

Glückwunsch an alle unseren Langstreckenhelden. Wer in Rambouillet am 24.August ankam ist ein wahrer Randonneur, egal in welcher Zeit. Superbrevet PBP = Prüfung bestanden.
BRAVO! Chapeau!

Tracker

Alle Fotos © Dirk Ehling

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